Magdeburg ist eine Stadt der Neuanfänge

Alexandra Krotki

 

Im „Wilden Osten“ war vieles möglich!

Alexandra Krotki ist geborene Magdeburgerin und die Geschäftsführerin von ALEXMENÜ. Der Weg in diesen Job ist vielleicht typisch für den Geist des Aufbruchs nach dem Fall der Mauer. Sie selbst erinnert sich noch sehr lebhaft an den 9. November 1989: „Dieser Tag war natürlich eine absolute Überraschung, damit hätte niemand gerechnet. Aber es war davor schon klar, dass irgendwas passieren muss.“ Sie selbst war zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt und schon erfolgreich als Bauingenieurin im Spezialbaukombinat Magdeburg tätig. Die Monate danach nutzte sie, um sich weiterzuentwickeln und mögliche neue Perspektiven anzugehen. Diese sah sie damals noch in der IT-Branche und brachte sich daher das Programmieren bei.

Ihre ersten Pläne für eine Zukunft in der Selbständigkeit gingen in Richtung Planungsbüro für Bauwesen mit Spezialisierung auf Großküchentechnik. Auf ihren eigenen Erfahrungen aufbauend, wollte sie diese Marktlücke nutzen. Doch dann kam es anders - wie so oft in dieser Zeit - und sie und ihr damaliger Mann beschlossen „eine Kantine oder irgendwas Gastronomisches zu eröffnen“. Auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie kamen sie über viele Umwege zu einem Gebäude auf dem ehemaligen Stasi-Gelände im Kroatenweg in Sudenburg. Damit begann am 15. März 1990 ein ganz neuer beruflicher Abschnitt.

Leichter wurde es allerdings nicht, denn die Zeiten waren damals einfach chaotisch und jeden Tag gab es was Neues oder Unvorhergesehenes. „Aufgrund des katastrophalen Zustandes des Gebäudes und seiner Küche belieferten wir unsere ersten Kunden nicht vor Ort, sondern über Assietten. Und so produzierten wir dann von einem Tag auf den anderen 1.000 Portionen in Aluschalen“, erzählt Krotki. Die Portionen, Kunden und Mitarbeitenden wurden schnell mehr, veränderten sich nach der Währungsunion und dem aufkommenden Wettbewerb auf dem Markt aber auch genauso rasant. Durch einen Zufall kamen sie dann zur Schulessenversorgung und etablierten sich in kurzer Zeit in diesem Bereich. Um weiter wachsen zu können, musste ein neuer Standort mit besseren Voraussetzungen gefunden werden. So kamen sie nach Rothensee.

Auch hier waren aber wieder erstmal ihre Erfahrungen als Bauingenieurin gefragt, denn sie übernahm in Eigenregie die Bauleitung für den gesamten Umbau des Gebäudes. Und es sollte nicht das letzte gewesen sein, denn sie mussten auch dieses wieder verlassen und sind dann im dritten Anlauf am heutigen Standort gelandet. „Das waren wirklich harte Zeiten“, stellt sie rückblickend fest. „Wir hatten kein Geld und haben eigentlich nur gearbeitet und ums Überleben gekämpft.“ Doch der Einsatz hat sich gelohnt! Trotz der vielen Schwierigkeiten und Rückschläge haben sie nie aufgegeben, sondern gemeinsam mit ihren engagierten Mitarbeitenden immer nach vorn geschaut. Heute steht ALEXMENÜ mit über 10.000 Portionen täglich für Zuverlässigkeit, Qualität und regionale Produkte. „Wir haben uns unseren guten Ruf hart erarbeitet und verdient“, freut sich Krotki über diesen Erfolg.

Alexandra Krotki ist ein „Stehaufmädchen“ und eine Frau der „ersten Stunde“, die ihren Weg gegangen ist und ihre Chancen trotz aller Widerstände immer genutzt hat. Das verbindet sie ganz besonders mit ihrer Heimatstadt, denn auch Magdeburg hat viele Niederlagen und Neuanfänge erlebt. Genau wie ihre eigene Perspektive sieht sie auch die ihrer Stadt äußerst positiv: „Magdeburg hat sich in den letzten 30 Jahren extrem gut entwickelt – mal abgesehen von den vielen Baustellen, mit denen wir auf unseren Touren täglich zu kämpfen haben.“ Aber zu jedem Neuanfang und Fortschritt gehört nun mal auch eine Baustelle, das hat sie selbst immer wieder erfahren müssen. Mittlerweile zeigt sie Freunden und Geschäftspartnern nicht nur voller Stolz ihr Unternehmen, sondern auch ihre Stadt und die sind immer „total überrascht, was aus Magdeburg geworden ist.“ In jungen Jahren wollte sie unbedingt nach Berlin ziehen. Heute ist sie froh, dass daraus nichts geworden ist und würde ihr Magdeburg nicht mehr eintauschen wollen.


Ein Magdeburger Visionär

Claus Mangels

 

Claus Mangels zögert damals nicht lange. Kurz nach der Öffnung der deutschen Grenzen fährt der Hannoveraner zunächst mit dem Finger auf der Landkarte in unbekannte Gefilde, landet schließlich in Magdeburg – und setzt die Wohnzimmer-Übung wenig später mit seinem Pkw in die Realität um. „Ich hatte bis dahin keine Berührungspunkte mit der DDR, keine Verwandten, nichts. Ich war allerdings sehr neugierig auf alles“, erinnert er sich. Dass dieser erste Kurztrip in die spätere Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts einmal richtungsweisend sein würde, kann der damalige stellvertretende Vorstand der Kreissparkasse Hannover zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.

Schnell ist er fasziniert von der Stadt, die auf der Suche nach einer neuen Identität ist – von ihrer Geschichte und den Chancen, die sich nach der Wende bieten. Ihn packt die Lust, Visionen zu entwickeln und Ideen Wirklichkeit werden zu lassen. Beides wird er über viele Jahre hinweg tun und dabei die Ottostadt auf vielfältige Weise prägen.

Als Claus Mangels die Stellenausschreibung der Stadtsparkasse Magdeburg entdeckt, bewirbt er sich ohne Zögern. Es zieht ihn in den „Osten“. Im Februar 1991 wird er zum Vorstandsvorsitzenden der Bank berufen – der Beginn einer intensiven Zeit, erfüllt von scheinbar endlosem Engagement. „Ich war nur noch unterwegs“, sagt Mangels – immer im Einsatz für die Sparkasse oder Magdeburg.

In der Bank zeigt sich schnell: Es geht darum, die bewährte Sparkassenstruktur aus dem Westen in Magdeburg zu etablieren. Was einfach klingt, ist eine Herkulesaufgabe, denn die Bankensysteme der beiden deutschen Staaten unterscheiden sich grundlegend. Der neue Chef krempelt die Ärmel hoch und macht das Institut in wenigen Jahren konkurrenzfähig zu westdeutschen Sparkassen. Dabei beweist er Mut und ein feines Gespür für Innovation. Viele Herausforderungen löst er mit seinem Team durch neue Technik. So investiert die Stadtsparkasse früh in einen elektronischen Belegleser, gekoppelt an den Großrechner der niedersächsischen Sparkassenorganisation. „Damit“, erklärt Mangels, „gehörte unsere Sparkasse in den neuen Bundesländern zu den Vorreitern der Digitalisierung.“

Auch in anderer Hinsicht geht er voran: Früh ruft er Stiftungen ins Leben. Mit der Kunst- und der Jugendstiftung will er die Stadtgesellschaft fördern, neue Impulse setzen, „Aufbauarbeiten leisten“.

Im Gegensatz zu vielen westdeutschen Neu-Magdeburgern pendelt der Hannoveraner nur kurz – und immer seltener – zwischen Heimat und neuer Wirkungsstätte. Die ersten Wochen verbringt er im Bauarbeiterhotel am Lorenzweg, später bezieht er eine Wohnung in der Innenstadt. Er habe die Stadt schnell ins Herz geschlossen, erinnert sich Mangels. Für Magdeburg ist er viele Jahre fast täglich im Einsatz – weit über seine Sparkassenfunktion hinaus.

An der Seite von Oberbürgermeister Dr. Willi Polte entwickelt er Visionen, wird Initiator und Vorsitzender des Magdeburger BUGA-Fördervereins, für den er 200 Mitglieder gewinnt. Die Erfahrungen und Kontakte bringt er später in den Gartenträume-Verein ein, dessen ehrenamtlicher Vorsitzender er ab der Gründung 2003 über viele Jahre ist.

Claus Mangels engagiert sich unermüdlich im Stadtgeschehen und freut sich, wenn Magdeburg überregional positiv wahrgenommen wird. Er ist dabei, als 2002 anlässlich des 400. Geburtstags von Otto von Guericke individuell gestaltete Halbkugel-Skulpturen aufgestellt werden. Er wirkt maßgeblich an der Gründung des Stadtmarketingvereins mit und wird später dessen Vorsitzender. Viele Jahre lang führt in Magdeburg kein Weg an ihm vorbei.

„Hier ist mit viel Enthusiasmus und Pionierarbeit sehr viel Positives entstanden“, sagt er rückblickend – und dass er froh sei, wie sich alles entwickelt habe. „Ich bin ein Magdeburger geworden, die Stadt ist mein Zuhause.“ Stolz schwingt mit, wenn er heute als Ruheständler durch die Straßen geht. Und auch Freude, wenn er angesprochen wird auf all das, was durch ihn in Magdeburg angestoßen wurde.